AMIS-Pleite: Republik muss für Schäden zahlen

Die Republik Österreich muss laut einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Wien für Schäden, die aus der Pleite des Finanzdienstleisters AMIS entstanden sind, geradestehen. Eine geschädigte Anlegerin hat nun auch im zweiten Rechtsgang ein Amtshaftungsverfahren gewonnen, teilte deren Anwalt Benedikt Wallner mit.

"Alarmglocken hätten schrillen müssen"

Wie das Erstgericht, das Landesgericht für Zivilrechtssachen (ZRS) in Wien, ist auch das OLG der Meinung, dass die "vom Sachverständigen sorgfältig und nachvollziehbar aufgelisteten … Auffälligkeiten des AMIS-Gebührenmodells bei den Aufsichtsorganen die Alarmglocken schrillen lassen hätten müssen", wie es in dem Urteil (14 R 36/11h) heißt. Der Entscheid ist nicht rechtskräftig. Zuständige Aufsichtsbehörde war die Bundeswertpapieraufsicht (BWA), nunmehr Finanzmarktaufsicht (FMA).

Das Urteil war in zweiter Instanz bestätigt, aber vom Obersten Gerichtshof (OGH) zwecks Konkretisierung und Ergänzung wieder an das Erstgericht (ZRS) zurückverwiesen worden. Dieses hat im Dezember 2010 die Republik erneut zur Übernahme von Schäden verdonnert, dem hat sich jetzt das OLG wieder angeschlossen. Die Finanzprokuratur – sozusagen die Anwältin der Republik – hatte zahlreiche Passagen des erstgerichtlichen Urteils bekämpft, wie aus dem nunmehrigen OLG-Entscheid hervorgeht. Das OLG erteilte der Republik aber in den allermeisten Punkten eine klare Abfuhr.

Hoffen auf Generalvergleich

Anlegeranwalt Benedikt Wallner würde es begrüßen, wenn der Generalvergleich mit der Republik zustandekommen würde. Ende März haben sich Finanzprokuratur und Gläubigervertreter auf eine Grundsatzeinigung verständigt, wonach die Republik den AMIS-Anlegern 27 Prozent ihres Gesamtschadens ersetzen würde. Voraussetzung ist allerdings, dass 83 Prozent der betroffenen Anleger zustimmen. Ende Juni läuft die Frist aus.

Das Problem: Der Prozessfinanzierer Advofin, der rund 2.000 Geschädigte vertritt, hat sich bereits dagegen ausgesprochen. Man sei zu den Verhandlungen nicht eingeladen worden, zudem gebe es ein höchstgerichtliches Urteil, wonach der Staat AMIS-Anleger mit je 20.000 Euro entschädigen müsse.

Anlegerentschädigung AeW blockiert

Sollte es doch noch zu dem Vergleich kommen, müssten die Anleger ihre Forderungen gegen die wegen der Causa AMIS in massiven Finanznöten steckende Anlegerentschädigung AeW zurückziehen, welche dann ihrerseits auf Ansprüche in Höhe von rund 109 Millionen Euro in Luxemburg verzichten müsste. Die Anleger sollten hingegen von dort weitere 63 Prozent bekommen, so die Hoffnung von Anlegeranwälten.
Die erste Quote von 20 Prozent wird gerade ausgeschüttet. "Der Rest ist blockiert", und zwar wegen der "exorbitanten" Forderung der AeW, so Wallner. Bei Einigung auf den Generalvergleich könnten aber seiner Einschätzung nach weitere Gelder aus Luxemburg, wo AMIS Kundengelder einsammelte, sofort fließen. Deswegen bzw. im Sinne eines schnelleren Endes sei der Generalvergleich zu befürworten.

65 Millionen Gesamtschaden

AMIS, früher Österreichs größter Finanzdienstleister, ging 2005 in Konkurs. Die beiden zunächst nach Südamerika geflüchteten AMIS-Gründer und -Vorstände Dietmar Böhmer und Harald Loidl wurden im Dezember 2007 wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs zu Haftstrafen verurteilt.
In Österreich und Deutschland sind etwa 15000 Anleger betroffen, der Gesamtschaden beträgt rund 65 Millionen Euro.
(APA)