Die fertige Anklageschrift im Immofinanz-Komplex belastet Karl Petrikovics schwer
Den Behördenweg bis zur Freigabe – von der Staatsanwaltschaft Wien zur Oberstaatsanwaltschaft Wien, dann zum Justizministerium und zurück – hat das brisante Papier bereits hinter sich. „Der Vorhabensbericht ist wieder bei uns“, bestätigt Staatsanwalt Thomas Vecsey. Darüber hinaus will sich der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien nicht äußern.
Noch im Oktober wird die Anklage den betroffenen Personen zugeschickt. Hauptangeklagt ist Karl Petrikovics wegen Untreueverdacht. Dem Ex-Chef von Immofinanz, Immoeast und Constantia Privatbank (CPB) wird nach FORMAT vorliegenden Informationen im Frühjahr 2012 der Prozess gemacht.
Mit der Anklageschrift sind die staatsanwaltschaftlichen Vorerhebungen in Österreichs spektakulärster Anlegerbetrugsaffäre zum Großteil abgeschlossen. Wie FORMAT erfuhr, wurde das Opus magnum von Staatsanwalt Volkert Sackmann in weiten Teilen ungekürzt genehmigt. Sowohl Strafsektionschef Christian Pilnacek als auch Oberstaatsanwalt Werner Pleischl hatten wenig auszusetzen.
Laut FORMAT-Recherchen werden mehrere Faktenkreise zur Anklage gebracht. ie größten Erfolgschancen rechnet sich Sackmann beim „Faktum Hable“ aus. Dabei geht es um Geschäfte mit Immofinanz-Optionen, die über Treuhänder versteckt wurden. Laut Gerichtsakt kassierten Petrikovics, Ex-CPB-Vorstand Norbert Gertner und Ex-CPB-Aufsichtrat Helmut Schwager so illegal einen Gewinn von rund 20 Millionen Euro.
Der inkriminierte Optionsdeal lief folgendermaßen ab: Der Steuerberater Ernst Hable verhandelte mit der CPB, Immofinanz- und Immoeast-Aktien zu kaufen – innerhalb eines Zeitraums und zu festgelegten Preisen. Hable fungierte als Strohmann von Petrikovics, Gertner und Hable. Entsprechende Verträge wurden bei Razzien sichergestellt.
„In Summe hat Hable einen Betrag von 19.998.621 Euro unter dem Titel ‚Glattstellungsprämie‘ von CPB IMV erhalten, wovon er 8.570.028 Euro an Petrikovics, 5.713.352 Euro an Gertner und 5.713.352 Euro an Schwager weitergeleitet hat“, schreibt Gerhard Altenberger im Immofinanz-Gerichtsgutachten des Gerichtssachverständigen, das die Grundlage für die Anklageschrift ist.
Optionen zum Nulltarif
Was den Staatsanwalt besonders ärgert: Die CPB wurde damals von Petrikovics und Gertner geführt. Die Optionen haben sie sich somit quasi selbst aufgestellt. Zudem musste Hable keinen Cent Optionsprämie zahlen. Aus Gutachtersicht ist das nicht okay: „Folgt man den Ergebnissen der Finanzmarktaufsicht, wäre der Constantia Privatbank nach tatsächlichem Abschlussdatum ein rechnerischer Schaden in Form entgangener Optionsprämien in Höhe von 3,3 Millionen Euro bzw. 5,8 Millionen Euro entstanden.“
Die Beschuldigten weisen die Vorwürfe zurück. Zwar gilt für alle die Unschuldsvermutung – doch letztlich plagte Petrikovics, Gertner und Schwager dann doch das schlechte Gewissen. Über einen Treuhänder – schon wieder – ließen sie kurz nach dem Start des Immofinanz-Verfahrens Ende 2008 rund acht Millionen Euro zur „Schadenswiedergutmachung“ überweisen. Sie wollten tätige Reue beweisen – leider war das zu spät.