Ex-Konzernchef Karl Petrikovics und vier weitere Beschuldigte werden wegen dubioser Optionsgeschäfte wegen Untreue angeklagt
Wien. August 2008: In die von der Affäre um Aktienrückkäufe bei Meinl European Land schwer erschütterte heimische Wirtschaftswelt schlägt ein neuer Immobilienskandal wie eine Bombe ein: Höchst riskante und undurchsichtige Finanzgeschäfte im Dunstkreis der von der Constantia Privatbank (CPB) beherrschten Immofinanz/Immoeast bringen die Gruppe an den Rand des Ruins und schädigen tausende Anleger, weil der Aktienkurs ins Bodenlose stürzt, nachdem die Malversationen auffliegen und die Finanzkrise zuschlägt. Jetzt, dreieinhalb Jahre später, ist die erste Teilanklage, die schon im Frühjahr für heuer angekündigt wurde („Die Presse“ berichtete am 13. Mai) fertig.
Sie wurde von der Staatsanwaltschaft Wien beim Landesgericht für Strafsachen Wien eingebracht. Teilanklage bedeutet, dass sich Staatsanwalt Volker Sackmann einen Teilbereich der umfassenden Causa vorgeknöpft hat, bei dem er davon ausgeht, im Verfahren zu obsiegen und das „Kulterer-Trauma“ zu vermeiden. (Ex-Hypo-Alpe-Adria-Chef Wolfgang Kulterer wurde in einem ersten Verfahren in einer Teilanklage freigesprochen.) In diesem Fall geht es um Aktienoptionsgeschäfte und einen Schaden von 32 Mio. Euro.
Vor Gericht verantworten müssen sich Karl Petrikovics (Ex-Vorstandschef), Norbert Gertner (Ex-Vorstand), Christian Thornton (Ex-Vorstand), Helmut Schwager (Ex-Aufsichtsrat) und Ernst Hable (Ex-Steuerberater). Für alle gilt die Unschuldsvermutung. Sie können Einspruch erheben, aber auch dann ist die Anklage rechtskräftig. Der Prozess dürfte im Frühjahr beginnen. Richterin Beatrix Hornich müsse sich in die Materie einarbeiten, hieß es beim LG Wien.
Petrikovics und den anderen Angeklagten wird zur Last gelegt, zwischen 2004 und 2006 „in mehrfachen Angriffen durch – teilweise im Wege von Treuhändern verschleierte – Aktienoptionsgeschäfte insgesamt einen Schaden von rund 32 Mio. Euro verwirklicht“ zu haben, wie es die Staatsanwaltschaft formuliert. Der Vorwurf lautet auf Untreue (§ 153 StGB) sowie auf Bildung einer kriminellen Vereinigung (§ 278 StGB). Das Strafausmaß beträgt bis zu zehn Jahre Haft. Die „neue“ Immofinanz hat die Beschuldigten wegen der Aktienoptionsgeschäfte bereits zivilrechtlich auf elf Mio. Euro Schadenersatz verklagt.
Die Verzögerung der Anklage um einige Monate hat einen Grund, wie Thomas Vecsey, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, sagt: Die Behörde hat Wertpapierdepots und Liegenschaften im Wert von 18 Mio. Euro beschlagnahmt, damit die Angeklagten das unrechtmäßig erworbene Vermögen nicht abschöpfen können.
Umfangreiches Gutachten
Die Justiz stützt sich in diesem und weiteren Verfahren auf ein Gutachten von Wirtschaftsprüfer Gerhard Altenberger. Er hat akribisch alle dubiosen Transaktionen der CPB mit Immofinanz- und Immoeast-Aktien durchleuchtet und den Schaden mit in Summe 160 Mio. Euro beziffert. „Die Ermittlungen laufen parallel zum bevorstehenden Prozess weiter“, sagt Vecsey. „Mit weiteren Anklagen wird zu rechnen sein.“
Immofinanz-Constantia ist das bisher umfangreichste Ermittlungsverfahren der Justiz, bei der viele andere Wirtschaftsfälle anhängig sind: Dazu gehören Buwog (inklusive etliche „Nebenfronten“ wie das Steuerverfahren gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und das Projekt Terminal Tower Linz), Telekom, Bawag, Eurofighter, Flughafen, Meinl, Yline, ÖBB/MAVCargo.
AUF EINEN BLICK
Die erste Teilanklage in Sachen Immofinanz ist da: Die Staatsanwaltschaft Wien wirft Exchef Karl Petrikovics, drei Managern und dem Steuerberater Untreue und Bildung einer kriminellen Vereinigung vor. Der Schaden beträgt 32 Mio. Den Angeklagten drohen bis zu zehn Jahre Haft.