In der Immofinanz-Affäre Liegt das erste Gutachten des Gerichtssachverständigen Gerhard Altenberger vor
"Gewinn- und Verlustverschiebungen" durch Aktiendeals – Ex-Immofinanz-Mastermind Karl Petrikovics.
Staatsanwalt wird Fall Immofinanz- Constantia in Tranchen anklagen.
Strafgutachten wird in Zivilverfahren vorgelegt.
Wien. Im Strafverfahren (Aktenzahl 611 St 25/08x) gegen den früheren Immofinanz- und Constantia Privatbank-Vorstand Karl Petrikovics und seine Co-Manager erhöht die Staatsanwaltschaft Wien das Tempo.
Seit kurzem liegt Staatsanwalt Volker Sackmann das erste Gutachten des renommierten Gerichtssachverständigen Gerhard Altenberger vor. Unter dem Titel "Befund und Zwischenbericht – Aktientransaktionen IBAG" hat Altenberger eine penible Liste mutmaßlich strafrechtlich relevanter Transaktionen der Constantia Privatbank (CPAG) mit Immofinanz- und Immoeast-Aktien erstellt. Zur Erklärung: Die IBAG ist ein Gesellschaftsvehikel mit liechtensteinischem Hintergrund, das der Privatbank zuzurechnen ist.
Im Mittelpunkt des Gutachtens stehen unter anderem großangelegte An- und Verkäufe von Aktien über nicht konsolidierte Tochterfirmen der Constantia, angebliche Platzierungstricks bei Kapitalerhöhungen und "Spezialtransaktionen", um Bewertungsverluste zu vermeiden. Short-Positionen (durch Leerverkäufe) sollen über Wertpapierleihen abgedeckt, Long-Positionen über Barvorlagen vor allem von Immoeast finanziert worden sein.
Dem Vernehmen nach will Ankläger Sackmann mit diesem Teilgutachten die Untreue- und Marktmanipulationsvorwürfe gegen Petrikovics & Co untermauern. Der Ex-Banker wehrt sich. "Die Vorwürfe werden von Karl Petrikovics zurückgewiesen, und sie ergeben sich auch nicht aus dem Zwischenbericht von Altenberger", kontert Anwalt Otto Dietrich, der mit Wirtschaftsstrafrechtsprofessor Wolfgang Brandstetter den Ex-CPAG-Boss verteidigt. Indes bestätigt Thomas Vecsey von der Staatsanwaltschaft Wien, dass der Komplex "Constantia-Immofinanz" in einzelnen Tranchen angeklagt werden wird.
Die dubiosen Aktien
"Besonders bemerkenswert ist, dass die CPAG im Zuge der Kapitalerhöhung der Immoeast im Juni 2006 über diverse Tochtergesellschaften insgesamt neun Millionen Stück Aktien im Gegenwert von 225 Millionen Euro erworben hat, das sind 8,1 Prozent der emittierten Aktien", stellt Altenberger fest. "Eine vollständige Platzierung der Kapitalerhöhung dürfte ohne diese Zeichnungen der Tochtergesellschaften nicht gewährleistet gewesen sein." Außerdem seien diese Transaktionen zwischen der CPAG und Töchter bzw. zwischen den Töchtern zu Preisen erfolgt, die "teilweise deutlich von der am jeweiligen Tag an der Börse festgestellten Kursbandbreite abgewichen sind". Unter dem Strich kam es so zu gewaltigen "Gewinn- und Verlustverschiebungen zwischen den Gesellschaften".
2006 konnten die von der CPAG "unterjährig erworbenen und an Töchter ‚ausgelagerten‘ Aktien mit hohen Gewinnen verkauft werden", der einsetzende Kursverfall von Immobilienaktien im Jahr 2007 habe laut Altenberger aber verhindert, dass die Privatbank die massiven Bestände an Immofinanz- und Immo east-Aktien über die Börse verkaufen konnte. Insgesamt betrug der Verlust bzw. Schaden aus diesen Transaktionen rund 158,91 Millionen Euro. Im Jahr davor standen 304,78 Millionen Euro Verlust zu Buche.
Die auffällige "Schadensminderung" ist teilweise auf "Spezialtransaktionen" mit Immofinanz-Aktien im Jahr 2008 "mit den Investoren Fries und Scherb zurückzuführen". "Im Zuge dieser Transaktionen wurden Aktien aus den Töchtern CBP, CFC und IF Omikron zu weit über den Börsenkursen liegenden Preisen verkauft", schreibt der Gutachter auf Seite 17. "Die in den Käufergesellschaften entstandenen Verluste wurden mittels Gesellschaftszuschüssen ausgeglichen." Nachsatz: "Ohne diese ‚Spezialtransaktionen‘ wären auch im Jahr 2008 hohe Bewertungsverluste entstanden."
"Starker Tobak"
"Dieser Zwischenbericht ist starker Tobak", sagt Franz Kallinger, Vorstand des Prozessfinanzierers AdvoFin, der 5100 geschädigte Immofinanz- und Immoeast-Anleger vertritt, die sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte anschließen werden. "Die Verdachtslage wird durch das Gutachten untermauert, weil hier eine Absicht und die Regelmäßigkeit zu erkennen ist."
Nachsatz: "Durch das mutmaßliche Vortäuschen der vollständigen Platzierung der Kapitalerhöhung Juni 2006 hat sich ein höherer Aktienpreis ergeben." Dadurch sollen die Anleger geschädigt worden sein. AdvoFin wird das Altenberger-Opus in den Zivilverfahren gegen die Bad Bank "Aviso Zeta" der alten Constantia Privatbank vorlegen, die heute zur Immofinanz-Gruppe gehört.