OGH: Der AWD wurde „instrumentalisiert“
Ein bahnbrechendes Urteil für Anleger – die Immofinanz relativiert.
Wien. „Der OGH hat seine ¬Linie nun umgedreht: Der AWD ist nicht mehr der Böse, sondern nur ein Instrument", sagt Anlegeranwalt Michael Poduschka und spricht von einer bahnbrechenden Entscheidung, die der Oberste Gerichtshof (OGH) nun zugunsten zweier seiner Mandanten gefällt hat (2Ob24/13p).
Dammbruch
Der OGH hat in der Entscheidung erstmals zur Zurechnung des AWD an die frühere CPB entschieden und nicht nur Urteile aufgehoben. Schlüsselsatz und Novum des gesamten Fallkomplexes findet sich laut Poduschka unter Punkt 5: „Im vorliegenden Fall stand somit die Verfolgung der eigenen Interessen der Beklagten im Vordergrund. Sie hatte aufgrund der engen Verflechtung mit der Immofinanz ein eminentes Interesse an der Veräußerung der Aktien gerade dieser Emittentin. Dafür instrumentalisierte sie die Berater, denen sie die zur Fehlberatung führenden Unterlagen zur Verfügung stellte." Und: Ob sich die Anleger bereits über einen Teil des Schadens mit dem früheren AWD verglichen haben (das war hier bzw. ist oft der Fall, Anm.), war egal.
Diese Feststellung könnte einen ähnlichen Dammbruch darstellen wie die Entscheidung, dass Prospekte mit Meinl-Bank-Stempel irreführend waren: Praktisch habe das – so interpretiert es Poduschka – mehrere Konsequenzen. Der Knackpunkt der Affäre Immofinanz ist nicht mehr die Fehlberatung durch den AWD, sondern Material der damaligen CPB an sich, das zur Fehlberatung führte.
Das bedeutet auch, dass nun der frühere AWD (heute: Swiss Life Select) Regress¬ansprüche gegenüber der Ex-CPB (heute: Aviso Zeta, gehört zur Immofinanz) zu prüfen hat – vor allem, wenn man Rückenwind vom OGH hat. Swiss Life Select wird von der Kanzlei Kraft-Winternitz vertreten. Das Statement: „Wir analysieren das Urteil."
Doch um wie viel Geld geht es, zumal nicht bei der Aviso Zeta eingeklagte Ansprüche verjährt sein könnten? Maßgebend sind hier laufende Prozesse gegen die Aviso Zeta direkt sowie gegen den AWD, falls dieser regressiert. Der größte Brocken ist Prozessfinanzierer Advofin, der von 120 Millionen € Forderungen gegen die Aviso Zeta spricht. Poduschka hat noch für 300 bis 400 Mandanten Prozesse laufen. Der VKI führt Prozesse gegen AWD (bzgl. möglichen Regress bei Prozessverlust bzw. Vergleich), in dem man für 2500 Anleger um 40 Millionen € streitet. Dies führt zum Aspekt, wie es um die Aviso Zeta bestellt ist, falls sich tatsächlich das Blatt wenden sollte. Da ein Konkurs der abgekapselten Bad Bank seit jeher als Option gesehen wurde, dürfte die Gefahr für die Immofinanz an sich prima facie gering sein. Allerdings: In der Entscheidung ist der OGH bereits auf personelle Verflechtungen der einstigen Constantia-Immofinanz-Gruppe eingegangen.
Wie berichtet hatte die CPB anno dazumal Immofinanz und Immoeast als Fonds in Form einer AG gesehen. Die Immo-Unternehmen wurden – aufgepumpt durch Kapitalerhöhungen und die Immo-Affinität des Marktes der letzten Dekade – weit größer als die CPB. Das Management blieb aber in allen drei AGs dasselbe. Diese Konstellation wird unter dem Begriff des rechtlich sehr heiklen „In-Sich-Geschäfts" diskutiert.
Immofinanz-Haftung
Formal gesehen haftet die Ex-CPB Anlegern kraft Vertrag. Die Immofinanz selbst könnte nur „aus Delikt" haften, so Poduschka. Das bedeutet, dass ein Durchschlagen der AWD-Problematik auf das Immo-Imperium – und nicht nur auf das Bad-Bank-Vehikel – an -höhere Voraussetzungen geknüpft ist. „Es gibt derzeit noch keine Urteile. Wir kommen aber Schritt für Schritt in diese Nähe", so Poduschka.