Lebensversicherung: Ewiges Rücktrittsrecht wird vorerst nicht gekippt
Wien. Auch der neuerliche Versuch, das „ewige Rücktrittsrecht“ bei Lebensversicherungen mit mangelhafter Rücktrittsbelehrung zu kippen, ist vorerst vom Tisch: Die Gesetzesänderung, die am Mittwoch hätte beschlossen werden sollen, kommt vorläufig nicht. Das sei jedoch wieder nur ein Aufschub um einige Monate, warnt Franz Kallinger, Vorstand des Prozessfinanzierers AdvoFin. Schon im Herbst, noch unter der früheren Regierung, war ein derartiger Anlauf im letzten Moment wieder abgesagt worden.
Aus Sicht des Prozessfinanzierers ist das Rücktrittsrecht jedoch „nicht die einzige fragwürdige Baustelle“ bei Lebensversicherungen. Das Hauptproblem sei vielmehr, dass die Kunden am Schluss oft weniger zurückbekommen als sie einbezahlen – insbesondere bei Rückkäufen. Das liege an exorbitanten Abschlusskosten, die von den Versicherungen nicht mehr erwirtschaftet werden können. Laut den AdvoFin-Anwälten Ulrich Salburg und Andreas Hörmann könnten Versicherungsnehmer auch bei Rückkäufen in vielen Fällen die Abschlusskosten zurückfordern, nämlich immer dann, wenn diese dem Kunden nicht offengelegt und nicht klar und deutlich im Versicherungsvertrag vereinbart wurden.
Die Regierungspläne, das laut EuGH-Judikatur bestehende „ewige Rücktrittsrecht“ bei unkorrekter Rücktrittsbelehrung einzuschränken, halten die Anwälte für europarechts- und verfassungswidrig. Die Versicherungswirtschaft sieht das anders, sie spricht von einer Klarstellung, die allen Beteiligten mehr Rechtssicherheit bringen soll. (cka)
(„Die Presse“, online-Ausgabe, 21.03.2018 um 13:58)