Causa MEL: Großangriff auf Atrium und Meinl Bank
Die Stimmung von Advofin-CEO Franz Kallinger könnte man wohl als etwas „gereizt“ bezeichnen: „Es gibt keine vernünftigen Gespräche, die Zeit der ,Pflanzerei‘ ist vorbei“. Was Kallinger auch im WirtschaftsBlatt bereits angekündigt hatte, wird nun Realität: Seit knapp einem Monat bringt der Prozessfinanzierer laufend neue Klagen gegen die in Atrium umbenannte Meinl European Land (MEL) und die Meinl Bank ein. Rund 5000 Anleger mit über 200 Millionen € Schaden sind bei Advofin unter Vertrag.
Nachdem man laut Kallinger im Mai die Zahl der Klagen reduziert und „auf vernünftige Gespräche gehofft“ hatte, sei danach klar geworden, dass Verhandlungslösungen nicht zu erwarten seien. Jüngste Judikatur, die eine Haftung von Atrium bejaht, gab Advofin zusätzlich Rückenwind. Seit 19. Juni bringt man daher laufend Klagen ein. Bisher wurde für 92 Anleger gerichtlich vorgegangen (Streitwert 5,5 Millionen €).
„Taktschlag wird erhöht“
„Der Taktschlag wird jetzt noch erhöht“, setzt Kallinger fort. Das deckt sich auch mit dem WirtschaftsBlatt übermittelten Auflistungen zu Klagseinbringungen, die seit Monatsbeginn immer mehr werden (bis zu zwölf Klagen am Tag). Und: Im Sommer werden nicht nur Forderungen von um die 100.000 €, sondern jene in Millionenhöhe bei Gericht eingebracht, sagt Kallinger.
Dass derzeit eine Klagswelle auf die Meinl Bank und Atrium herein bricht, kann Atrium-Anwältin Daniela Karollus-Bruner so nicht bestätigen. Man habe noch nichts bekommen (was auch an der Zeit liegen kann, die die Zustellung der Klagen benötigt). Man werde Klagen prüfen – und man werde sich wie bisher „mit allem Mitteln verteidigen“. Außerdem könne man Atrium, die in Holland bzw. auf Jersey den Sitz hat, bloß deswegen im Inland klagen, weil die ausländische Gesellschaft bei Verfahren gegen die Meinl Bank in Österreich sozusagen im prozessualen Beiwagerl sitzen muss.
Die Meinl Bank „kommentiert“ die Klagen nicht. Man bezeichnet das Vorgehen von Advofin als „populistisch“ – insofern, als dass jedesmal, wenn sich die Lage beruhigt, „Anwälte auf den Plan treten“ würden.
Doch auch das Argument der Meinl Bank bezüglich temporärer Ruhe im Fall scheint nicht ganz unschlüssig zu sein: Wie berichtet, strebt der Wiener Anlegeranwalt Eric Breiteneder in Holland eine Gesamtlösung im Fall an. Meinl Bank-CEO Peter Weinzierl hatte im WirtschaftsBlatt bereits angekündigt, dass auch er eine Gesamtlösung goutiere – vor allem auch deswegen, weil die Bank den Fall MEL nach sieben Jahren an Zivilprozessen (nebst dem noch immer laufenden Strafverfahren) einmal „vom Tisch“ haben möchte.
Geheim-Diplomatie
Wie nun bekannt wurde, gab es Ende Mai nach einer Besprechung heimischer Anwälte mit Atrium auch ein Treffen zwischen Weinzierl und Atrium. Kürzlich hatte man bei der Meinl Bank gesagt, dass es keine Verhandlungen gebe. Informell ist aber nun zu hören, dass es sehrwohl stimme, dass es dieses Treffen gab, man es aber nicht an die große Glocke hängen wollte.
Kallinger sträubt sich jedenfalls gegen eine für alle Anleger mögliche MEL-Lösung in Holland: Seine Klienten werden „hinausoptieren“. Da Advofin die meisten Anleger im Fall vertrete, fehle daher der Stiftung der Rückhalt, der für die Genehmigung des Vergleichs mit Wirkung für alle Anleger nötig sei.
Allerdings: Die Stiftung hat, wie am Dienstag bekannt wurde, nun bezüglich erforderlichen Rückhalts namhafte Unterstützung bekommen.