Meinl: Fünf Gutachter in sechs Jahren
Wien. Vor sechs Jahren haben die Ermittlungen gegen Julius Meinl V. und gegen weitere Manager der Meinl Bank begonnen. Ihnen werden Untreue und Anlagebetrug im Zusammenhang mit der früheren Immobilienfirma Meinl European Land (MEL) vorgeworfen. Das Verfahren wird aber zur endlosen Geschichte. Die Staatsanwaltschaft Wien hat nun mit dem Innsbrucker Steuerberater Peter Barenth einen weiteren Gutachter bestellt.
Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte zur „Presse“, die Causa sei komplex. Daher habe man beschlossen, den Gutachterauftrag zu teilen. Barenth soll den bisherigen Experten, Martin Geyer, unterstützen. Wann die Expertisen vorliegen sollen, sagt die Staatsanwaltschaft nicht.
150 Millionen Euro an Kosten
Barenth ist der fünfte Sachverständige, der sich der Sache annimmt. Im September 2009 wurde der erste Gutachter, Thomas Havranek, wegen Befangenheit abberufen. Dann wanderte der Akt zu Fritz Kleiner. Dieser hat sich bereits in schwierigen Fällen (Bawag, Herberstein, AvW) einen Namen gemacht.
Ende 2011 legte Kleiner das Mandat zurück, weil er das Gefühl hatte, von der Staatsanwaltschaft inhaltlich unter Druck gesetzt zu werden. Dann gab es noch den deutschen Gutachter Andreas Freudenmann. Für die vielen Sachverständigen wurden bereits zwei Millionen Euro ausgegeben. Doch das ist längst nicht alles.
Meinl-Bank-Vorstand Peter Weinzierl schätzt, dass sich die Kosten für alle involvierten Parteien in der Causa auf 150 Millionen Euro belaufen. Darin ist die Kaution von 100 Millionen Euro, die im Frühjahr 2013 auf zehn Millionen Euro reduziert wurde, noch nicht enthalten.
Tausende Anleger verklagten die Meinl Bank auf Schadenersatz, doch mit den meisten hat sich das Institut inzwischen verglichen. Die Meinl Bank gab für die Rechtsstreitigkeiten bislang 60 Millionen Euro aus. Davon entfielen 31 Millionen Euro auf die Vergleiche mit 6000 Anlegern.
Es gibt auch diverse Nebenschauplätze, die ein bezeichnendes Licht auf den Fall werfen.
Pikante Nebenschauplätze
Die Meinl Bank wollte mit einer Klage vom derzeitigen Gutachter Geyer wissen, wie hoch seine Haftpflichtversicherung ist. Weiters machte sie ihn aufmerksam, dass er „persönlich und unbeschränkt“ für jeden Schaden haftet, der durch sein Gutachten entstehen könnte. Das Institut blitzte mit der Klage allerdings ab.
Plötzlich tauchten Vorwürfe eines Plagiatsjägers gegen Geyer auf. Daher beauftragte die Fachhochschule Wiener Neustadt, wo Geyer studiert hat, drei Gutachter. Diese kamen zum Ergebnis, dass Geyer bei seiner Diplomarbeit nicht abgeschrieben hat. Die Meinl Bank bestreitet, dass sie den Plagiatsjäger engagiert hat.
Bei den Razzien in der Bank fanden die Ermittler jedoch so etwas wie ein „Dirty Campaigning“-Papier gegen Geyer. Darin hieß es, die Geschichte, dem Gutachter würde die Berufsvoraussetzung zum Sachverständigen fehlen, sollte „größtmögliche Wirkung“ entfalten. Dies sollte die Staatsanwaltschaft in Zugzwang bringen und das Meinl-Strafverfahren infrage stellen. Die Meinl Bank erklärte am Dienstag: „Die bisherigen vier Gutachter haben substanziell nichts zustande gebracht. Dem objektiven Beobachter erschließt sich nicht, welche neuen Erkenntnisse der mittlerweile fünfte Gutachter zutage fördern soll.“
08.10.2013 | 16:47 | Von Christian Höller (Die Presse)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2013)