VwGH: Meinl-Manager haben Markt manipuliert
Wien – Die Strafsache Meinl European Land (MEL) wird noch lange dauern. Aus der Justiz verlautet, dass frühestens Ende dieses Jahres feststehen wird, welche der jüngst in Hausdurchsuchungen beschlagnahmten Unterlagen überhaupt zur Einsicht frei gegeben werden. Mit einer Anklage (oder Einstellung; die Beschuldigten rund um Julius Meinl V. bestreiten die Vorwürfe) sei erst "in zwei bis 2,5 Jahren" zu rechnen.
Im Verwaltungsstrafverfahren lief es etwas schneller. Dabei geht es um den Vorwurf der Marktmanipulation durch irreführende Veröffentlichungen (Ad-hoc-Meldungen), die die MEL 2007 rund um Kapitalerhöhung und Aktienrückkauf publiziert hat. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat die nun endgültig bestätigt.
Die Aufsichtsbehörde FMA hatte im Herbst 2008 die MEL-Direktoren Karel Römer, Georg Kucian und Heinrich Schwägler wegen irreführender Ad-hoc-Meldungen zur Kapitalerhöhung zu einer Strafe von je 50.000 Euro verdonnert. Die Berufungsinstanz (Unabhängiger Verwaltungssenat; UVS) kam inhaltlich zum selben Schluss, reduzierte aber die Strafen auf 20. 000 Euro. Die Betroffenen riefen den VwGH an, und er hat die Beschwerde am 16. Mai als "unbegründet" abgewiesen.
Aus der Begründung erhellt sich, was 2007 bei der MEL ablief – Vorgänge, die auch Gegenstand der MEL-Ermittlungen sind. Am 9. Februar verkündete die in Jersey domizilierte MEL ad hoc, sie habe "die größte Kapitalerhöhung in der Unternehmensgeschichte erfolgreich abgeschlossen und vollständig platziert". Der "Erlös von 1,48 Mrd. Euro" werde "zur Finanzierung kürzlich fixierter Projekte dienen".
Tatsächlich, so eruierten die Behörden, wurden aber 42 Prozent der ausgegebenen MEL-Zertifikate von der Somal auf Aruba gezeichnet, das Geld dafür (620 Mio. Euro) erhielt Somal via Anleihe von der MEL. Das weitere (auch intern höchst diskret abgewickelte) Ringelspiel: Die Meinl Bank war zwar gemäß Placement and Market Maker Agreement gegenüber der MEL verpflichtet, die nicht platzierten Zertifikate zu übernehmen. Gleichzeitig schloss die Bank aber mit Somal einen Vertrag ab, wonach diese Gesellschaft die nicht platzierten Papiere zeichnen würde.
Pflichtkauf statt Anlegerlust
Den Grund erklärte Beschwerdeführer Schwägler, einstiger MEL-Board-Direktor: Auf diese Weise wollte die Bank die Überschreitung der im Bankwesengesetz festgeschriebenen Großveranlagungsgrenze vermeiden.
Die Irreführung der Anleger beschreibt der VwGH in seinem Erkenntnis so: "Die MEL-Meldung musste beim verständigen MEL-Anleger den Eindruck hervorrufen, dass sämtliche angebotenen Zertifikate auf dem Markt untergebracht wurden, also ein lebhaftes Interesse von Anlegern an dem Wertpapier bestehe." Tatsächlich habe aber die Bank die Verpflichtung gehabt, die nicht platzierten Papiere zu übernehmen und das bei 40 Prozent der Emission auch getan. Die Einschaltung der Somal, der sie diese Pflicht "überbürdete", ändere daran nichts.
Ebenso irreführend war laut VwGH die Ad-hoc-Meldung vom 27. Juli 2007. Damals verkündete die MEL, sie plane "ein umfangreiches Aktienrückkaufprogramm, das in einer am 23. August in Wien stattfindenden a.o. Hauptversammlung beschlossen werden soll. … Vorerst plant die Gesellschaft, eigene Aktien … von bis zu zehn Prozent des Grundkapitals zu erwerben". Tatsächlich hatte man aber seit 9. Februar bereits an die 52 Mio. Zertifikate (ca. 25 Prozent) selbst erworben, bis 1. August waren es 88,8 Mio. Durchgeführt hat die Ankäufe die Meinl Bank, und zwar im Auftrag der MEL. "Vor diesem Hintergrund erweist sich die Ad-hoc-Meldung als irreführend, weil diese Botschaft impliziert, dass ein Rückkaufprogramm noch gar nicht begonnen, geschweige denn bereits abgeschossen worden sein kann", konstatierte der UVS – und der VwGH sieht es in seinem Spruch vom 16. Mai genau so.
Allerdings wurden im Verlauf des jahrelangen Verfahrens der Kreis der Bestraften und die Höhe der Strafe reduziert. Die FMA hatte sechs MEL-Verantwortliche mit je 20.000 Euro gestraft; der UVS reduzierte die Strafe bei drei auf Jersey domizilierten Managern auf je 12.000 Euro. Der VwGH hob die Strafen dieser drei ganz auf; die Bescheide gegen die drei anderen MEL-Manager, Kucian, Schwägler und Römer, haben gehalten. (Renate Graber, DER STANDARD, Printausgabe, 21.6.2011)